Geothermiekraftwerk für Waghäusel

Stellungnahme der CDU Fraktion zum TOP Anfrage der Deutschen Erdwärme zum Eintritt in Verhandlungen mit der Stadt über die Überlassung eines Grundstücks zur Errichtung eines Geothermiekraftwerks

Uli Ross
Uli Ross, Vorsitzender der CDU-Fraktion in Waghäusel

Zunächst beantrage ich im Namen der CDU Fraktion eine getrennte Abstimmung zu den Beschlussvorschlägen:

1. zustimmende Kenntnisnahme,

2. Aufnahme von Verhandlungen über ein Grundstück im Gewann Unterspeyerer Feld und

3. Zustimmung zu vorausgehenden geologischen und umweltfachlichen Untersuchungen des oben genannten Grundstücks.

In meinen folgenden Ausführungen werde ich mich auf Aussagen und Argumente beschränken, die für jeden von uns nachvollziehbar und verständlich sind, als Betriebswirt werde mich nicht über technische Vorgaben und Notwendigkeiten äußern, deren Verständnis das Studium des Ingenieurwesens voraussetzen würde. Meine Fraktion befasst sich schon lange und intensiv mit dem Thema Geothermie. Als diese Technologie für unseren Raum interessant wurde und die Deutsche Erdwärme seismologische Erkundungen auf der Gemarkung Waghäusel durchführen wollte, war es für uns eine Selbstverständlichkeit, diese Messungen und Erkundungen zu gestatten. Gleichzeitig begannen wir, uns intensiv mit der Nutzung von Erdwärme zur Energiegewinnung zu befassen.

Im August 2020 besuchten Teile unserer Fraktion auf Initiative des Gemeinderatskollegen Jan-Patrick Schuhmacher das Geothermiekraftwerk Insheim, um uns einen Eindruck von einer solchen Anlage zu verschaffen. Ich bat die CDU-Vorsitzende, das Thema auch mit dem CDU Stadtverband zu diskutieren, um eine breitere Basis als alleine unsere sieben-köpfige Fraktion für die Meinungsfindung zu schaffen. Dieser Austausch erfolgte coronabedingt in Form einer virtuellen Sitzung.

Im November 2020 habe ich über Mitteilungsblatt, BNN und unsere Homepage die Mitbürgerinnen und Mitbürger Waghäusels gebeten, mir ihre Meinung zu Geothermie in Waghäusel mitzuteilen. Die Resonanz auf diesen Aufruf war erfreulich groß und wie nicht anders zu erwarten, ganz unterschiedlich. Ein Großteil der Meldungen kam aus dem Stadtteil Wiesental und damit von Personen, die sich durch eine räumliche Nähe am ehesten betroffen sahen. Ebenso erwartungsgemäß waren aus diesem Stadtteil auch eine Vielzahl anlehnender Äußerungen zu vernehmen, die große Mehrzahl der Äußerungen waren ablehnend.

Nicht nur wir als CDU-Fraktion, auch die Deutsche Erdwärme als Projektträgerin hat eine intensive Öffentlichkeitsarbeit angeboten und unermüdlich informiert und diskutiert. Man kann es der Deutschen Erdwärme nicht zum Vorwurf machen, dass sie bei der Behandlung von Anfragen zu allererst ihre Interessen vertreten hat. Alles andere wäre geschäftsschädigend. Richtig und wichtig festzuhalten bleibt aber, dass jede und jeder Interessierte die Möglichkeit hatte und immer noch hat, sich bei Gemeinderäten, beim Unternehmen, im Internet und in einschlägiger Fachliteratur zu informieren. Von fehlender Transparenz oder Information kann also keine Rede sein. Die Argumente- wie eingangs erwähnt betrachte ich nur einen Auszug der verständlichen und nachvollziehbaren – sind breit gefächert, und zu jedem Argument für Geothermie findet sich ein Gegenargument und umgekehrt:

Für Geothermie spricht, dass sie „sauber“ und grundlastfähig ist. Dagegen spricht, dass sie technologiebedingt schwache Erdbeben auslöst. Die Beben die ausgelöst werden können, erreichen eine Magnitude von bisher höchstens 3,5, was keine größeren Schäden anrichtet und mit Erdbeben, wie wir sie aus Nachrichten kennen, nicht vergleichbar sind. Sogenannte Mikrobeben passieren in Deutschland täglich auch ohne Geothermie. Meist sind sie nicht spürbar. Wenn sie eine Stärke von 3 und mehr erreichen, kann man sie jedoch spüren und sie können zu geringfügigen Gebäudeschäden (nicht zum Einsturz) führen.

Bei der Stromerzeugung entsteht Wärme, die in ein Nahwärmenetz eingespeist werden kann und dann Wohngebiete oder Industrie- bzw. Gewerbebetriebe mit Wärme versorgt. Inwiefern die Wärme des Geothermiekraftwerks für Waghäusel nutzbar und wirtschaftlich vertretbar ist, müsste ein Nahwärmekonzept beurteilen. Ein solches wird für große Kreisstädte verpflichtend werden. Hätte Waghäusel im letzten Jahr seit Diskussion um Geothermie ein solches erstellen lassen, wüssten wir heute, ob und wie es für uns interessant wäre. Die Erstellung wäre in Zusammenarbeit mit der Umwelt- und Energieagentur des Landkreises leicht möglich gewesen, aber wieder einmal hat die Stadtverwaltung nichts getan! Ein von uns seit Jahren gefordertes Stadtplanungsamt hätte die Stadtverwaltung auch diesbezüglich einen Schritt nach vorne bringen können.

Die Deutsche Erdwärme wirbt damit, dass Waghäusel mit einem Geothermiekraftwerk zu einer „CO2 freien Großen Kreisstadt mit Vorbildcharakter“ werden könne. Man meint doch hoffentlich CO2 neutral und nicht CO2 frei, denn sonst könnten wir alle nicht überleben. Wenn diese CO2 Neutralität aber durch Erdbeben erkauft werden muss, nützt sie uns und folgenden Generationen nichts. Keiner kann heute annähernd sicher die Auswirkungen vorhersagen, die bis zu zehn Geothermiekraftwerke, die im Oberrheingraben angedacht sind, auf die seismologischen Aktivitäten in der Region verursachen. Das Sicherheitskonzept der Deutschen Erdwärme beinhaltet, dass die Bohrungen gegen das umgebende Material abgeschirmt werden und es so keinen Austritt von Flüssigkeit, weder bei der Bohrung, noch während dem Betrieb geben kann. Eine Kontaminierung des Erdreichs sei so ausgeschlossen. Auch die frühzeitige Abschaltung der Anlage schon bei geringen seismologischen Aktivitäten unterstreiche das Sicherheitskonzept des Projekts. Eine Abschirmung des Bohrlochs gegen das umgebende Material würde allerdings schon kleineren Erdverschiebungen im Untergrund als Folge von schwächeren Beben nicht standhalten können. Ähnlich verhält es sich mit der frühzeitigen Abschaltung: Abgeschaltet wird erst, wenn ein schwaches Beben aufgetreten ist. Dann hat es aber schon begonnen, kann sich fortsetzen und im schlimmsten Fall verstärken.

Die Stadt hat die Möglichkeit, sich aktiv an Planung, Bohrung und Betrieb in einer Projektgruppe einzubringen und bei Ungewissheiten zum Beispiel Gutachten anzufordern. Den meisten von uns Gemeinderäten und der Verwaltung fehlt allerdings das erforderliche Fachwissen, um in einer Projektgruppe die richtigen Fragen zu stellen und Antworten zu beurteilen. So werden, wenn wir heute zustimmen, Bohrung und Betrieb auf jeden Fall durchgezogen, so lange das Bergamtzustimmt und kein dramatisches Ereignis passiert.

Während meiner 32-jährigen Erfahrung als Gemeinderat habe ich gelernt: „Traue nur dem Gutachten, das du selbst in Auftrag gegeben und bezahlt hast.“ Erforderliche Gutachten sollen aber „für die Stadt kostenfrei sein,“ d.h.sie werden vom zu Begutachtenden bezahlt und maßgeblich beauftragt. Mein Vertrauen in solche Gutachten hält sich in Grenzen und ein eventuell erforderliches Gegengutachten ist nicht nur teuer sondern kaum zu bekommen.

Gegner eines Geothermiekraftwerks kritisieren die Lärmemission, die ein Geothermiekraftwerk verursacht. In Insheim konnten wir uns vom Geräuschpegel persönlich überzeugen. Ich wollte dieses Dauerrauschen nicht ständig hören müssen. Anlagenbetreiber sagen dazu, dass sie unter dem vorgeschriebenen Grenzwert der Lärmemission bleiben. Das glaube ich gerne, auch die beiden Bahnlinien 900 Meter und 1,5 Kilometer von meinem Wohnhaus entfernt, bleiben unter der zulässigen Lärmentwicklung. Unangenehm zu hören sind sie trotzdem.

Sehr geehrte Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen,
es geht bei der Entscheidung über die „zustimmende Kenntnisnahme“ um die Abwägung, ob Chancen und Nutzen für unsere Stadt und den Klimaschutz überwiegen oder ob Nachteile und Risiken des Projekts höher eingeschätzt werden. Das ist keine Frage des Wissens, was passieren wird, es ist eine Frage von Eventualitäten, was passieren kann. Da jeder von uns seine eigene Bewertung vornehmen muss, was höher wiegt und mehr zählt, ist es keine ideologische, sondern eine ganz persönliche Abstimmung, die wir folgerichtig nicht einheitlich als Fraktion abstimmen werden.

Ich selbst wollte ein solches Kraftwerk nicht in hörbarer Nähe meines Wohnhauses haben und ich werde niemand anderem in Waghäusel zumuten, dass er/sie es hören und ggfs. fühlen muss. Deshalb werde ich das Vorhaben ablehnen. Den Beschlussvorschlag 2, Zustimmung zur Aufnahme von Verhandlungen über ein Grundstück im Gewann Unterspeyerer Feld lehnt die CDU Fraktion ab aus folgenden Gründen:

Es handelt sich beim Unterspeyerer Feld um das wertvollste im Regionalplan ausgewiesene Gewerbegebiet mit gleichzeitiger Anbindungan B36 (L560) und Bahn. Damit ist es prädestiniert für eine Gewerbeansiedlungen, die Arbeitsplätze schaffen und Liefer- bzw. Kundenverkehr haben. Ein Kraftwerk hat beides nicht! Darüber hinaus befinden sich die beantragten Grundstücke im Abstand von wenigen Hundert Metern zur neuen Wohnbebauung Oberspeyerer Feld und noch weniger zur Rheintalbahnstraße.Die Lärmemission mindert die Wohnqualität erheblich.

Uli Roß, Fraktionsvorsitzender

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